OLG Oldenburg – Beschluss vom 24.05.2018 – 13 W 10/18
§ 1628 BGB, § 1687 Abs 1 S 1 BGB
Bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes getrenntlebender gemeinsam sorgeberechtigter Eltern auf einer kommerziellen Zwecken dienenden Internetseite handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Der Antragsteller (Vater) und die Mutter sind die geschiedenen und haben eine gemeinsame Tochter. Die Mutter ist Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind; im Übrigen üben die elterliche Sorge gemeinsam aus. Die Mutter ist in zweiter Ehe mit dem Antragsgegner verheiratet und lebt mit der Tochter auf dessen Bauernhof, für welchen er die Internetseite www…. betreibt. Der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ohne sein Einverständnis Fotos des Kindes auf dieser Seite veröffentlicht.
Zu beachten ist zunächst, dass gemäß § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Hierzu zählt auch das Einstellen von Fotos auf einer Internetseite. Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. BGH NJW 2005, 56-58). Dies sind im Regelfall gemäß § 1629 BGB die sorgeberechtigten Eltern (BEIDE!).
Der Antragsteller war daher nicht befugt, allein im Namen seiner Tochter gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos von ihr gerichtlich vorzugehen. Gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hierfür das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich.
Grundlage ist, dass es sich bei einer Entscheidung über die Veröffentlichung von Fotos des Kindes auf der Internetseite www…. und daher bei einer Entscheidung über ein gerichtliches Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung um eine Angelegenheit handelt, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist.
Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sind in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB im Regelfall solche, die nicht häufig vorkommen und auch deshalb in aller Regel erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben oder haben können und in ihren Folgen nur mit einigem Aufwand zu beseitigen sind.
Zu beachten ist auch die soziale Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes (vgl. Palandt-Götz, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1687 Rdnr. 4). Im vorliegenden Fall ist zunächst der besonderen Bedeutung des in § 22 KunstUrhG einfachgesetzlich normierten Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen (vgl. auch KG Berlin, FamRZ 2011, 1659-1660, juris-Rdnr. 51). Insbesondere bei Veröffentlichung von Fotos im Internet ist dieses Recht in erhöhtem Maße gefährdet, da der Personenkreis, dem die Fotos zugänglich gemacht werden, theoretisch unbegrenzt ist, eine verlässliche Löschung von Fotos nicht möglich und eine etwaige Weiterverbreitung kaum kontrollierbar ist (vgl. DIJuF Rechtsgutachten 2.11.2016 – ES 7.120 Lh, JAmt 2017, 27-30).
Hinzu kommt, dass die streitbefangenen Fotos auf der Webseite des vom Antragsgegner betriebenen Bauernhofes veröffentlicht wurden und werden, die eindeutig werbenden Charakter hat und folglich kommerzielle Ziele verfolgt.
Insbesondere aufgrund dieses Gesichtspunktes erscheint die Sechsjährige besonders schutzbedürftig, so dass für diese eine Entscheidung für oder gegen die Veröffentlichung von Bildern auf der streitbefangenen Internetseite von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
Eine derartige Entscheidung kann mithin nur im gegenseitigen Einvernehmen der Eltern erfolgen, woraus aber auch folgt, dass der Antragsteller nicht allein befugt ist, den Antragsgegner wegen unzulässigen Hochladens der Fotos gerichtlich in Anspruch zu nehmen.
Eine familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung über ein derartiges Vorgehen auf den Antragsteller nach § 1628 BGB ist bislang nicht erfolgt.
Sie möchten gegen die Veröffentlichung von Fotos ihres Kindes im Internet vorgehen, aber der andere Elternteil ist anderer Meinung. Lassen Sie sich beraten wie Sie dennoch gegen die Veröffentlichungen vorgehen können und welche Möglichkeiten Ihnen offenstehen. Wir beraten Sie gern telefonisch und auch persönlich vor Ort in der Kanzlei in Nürnberg.
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