Die gemeinsame elterliche Sorge haben Eltern:
- wenn sie bei der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind.
- Wenn zum Zeitpunkt der Geburt keine Ehe zwischen den Eltern besteht, hat grundsätzlich zunächst die Mutter das alleinige Sorgerecht.
Das gemeinsame Sorgerecht kann aber erlangt werden,
- wenn die Eltern nach der Geburt heiraten,
- wenn sie in Form einer Sorgeerklärung (zum Beispiel beim Jugendamt oder Notar) erklären, dass sie die gemeinsame Sorge übernehmen wollen,
- wenn ein Familiengericht die elterliche Sorge auf beide Eltern überträgt.
Bei Trennung und Scheidung bleibt die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich bestehen.
Viele Eltern sind auch nach der Trennung und Scheidung in der Lage, ihre Konflikte, die sie als Paar hatten oder haben, von ihrer Eigenschaft als Mutter und Vater zu trennen und führen die elterliche Sorge gemeinsam und einigen sich über Umgang und Unterhalt.
Was bedeutet und beinhaltet die elterliche Sorge?
Die elterliche Sorge beinhaltet die Personensorge und die Vermögenssorge sowie die Vertretung des Kindes, § 1626 ff BGB.
Die Personensorge beinhaltet Pflege und Erziehung, Aufsicht, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Ausbildung und Beruf.
Aufenthaltsbestimmungsrecht: Das Recht den Aufenthalt des Kindes also dessen Lebensmittelpunkt zu bestimmen und darüber zu entscheiden wo dieser sein soll. Dies beinhaltet auch das Recht zur An- und Ummeldung des Kindes bei Einwohnermeldeämtern.
Gesundheitsfürsorge/Pflege: Das Recht über ärztliche Maßnahmen zu entscheiden.
Erziehung: Das Recht über Kontakte des Kindes zu anderen Personen zu entscheiden, welches Schule besucht wird, welcher Kindergarten, welche Religion das Kind annimmt usw.
Einige Entscheidungen betreffen auch mehrere Bereiche gleichzeitig. Zum Beispiel, wenn das Kind ein Internat besuchen soll, sind das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht über die schulische Erziehung zu entscheiden betroffen.
Die Vermögenssorge berechtigt und verpflichtet die Eltern, die finanziellen Interessen des Kindes zu wahren, sein Vermögen zu erhalten und möglichst zu vermehren. Für wichtige Entscheidungen, die das Kind betreffen (zum Beispiel Besuch des Kindergartens, Wahl der Schule, Schulwechsel), benötigt deshalb der Elternteil, bei dem das Kind vorwiegend lebt, die Zustimmung des anderen.
Bei gemeinsamer elterlicher Sorge muss nicht alles gemeinsam entschieden werden!
Es ist zu unterscheiden in Angelegenheiten,
- des täglichen Lebens,
- von erheblicher Bedeutung,
sowie
- der tatsächlichen Betreuung,
- zur Gefahrenabwehr.
In Angelegenheiten des täglichen Lebens darf der betreuende Elternteil alleine entscheiden und benötigt nicht die Zustimmung des anderen Elternteils.
Diese sind zum Beispiel:
- Organisation des täglichen Lebens, tägliche Verpflegung und Nahrung,
- Täglicher Umgang und Aufenthalt des Kindes, Besuch von Freunden und Verwandten,
- Freizeitgestaltung, Medienkonsum, Wahl eines Musikinstruments,
- Kleidung, Hygiene
- Modalitäten bezüglich Hin- und Rückweg zum Kindergarten oder Schule, Hausaufgaben
- Arztbesuche bei nicht schwerwiegenden Erkrankungen, Vorsorgeuntersuchungen
- Entschuldigung im Krankheitsfall
In Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung, entscheiden beide Elternteile gemeinsam.
Diese sind zum Beispiel:
- Aufenthalt des Kindes, Wohnortwechsel,
- Besuch des Kindergartens, Wahl der Schule, Schulwechsel,
- Ausübung teurer Sportarten und
- Entscheidungen über Operationen (soweit kein Notfall), medizinische Eingriffe, wenn Komplikationen und/oder Nebenwirkungen zu erwarten sind,
- Wahl des Bekenntnisses/ der Religionszugehörigkeit,
- Umgang mit dem Kindesvermögen, Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft.
Entweder beide Elternteile gemeinsam erledigen dann die konkrete Umsetzung, d.h. Ummeldung beim Einwohnermeldeamt, Einschulung usw. oder der andere Elternteil erteilt schriftlich seine Zustimmung oder unterschreibt ebenfalls auf dem Antragsformular.
In Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung entscheidet der umgangsausübende Elternteil. Sie umfassen insbesondere nicht das Vertretungsrecht, sondern nur reine Betreuungsfragen im Binnenverhältnis zum Kind.
Zum Beispiel:
- Bettgehzeiten,
- Ernährung,
- Freizeitaktivitäten, Tagesplanung, Spielzeiten,
- Fernsehprogramm und –dauer
- Aufsicht und Umgang umfänglich.
In Angelegenheiten zur Gefahrenabwehr beispielsweise ist jeder Elternteil alleine entscheidungsbefugt und man benötigt nicht die Zustimmung des anderen Elternteils.
Diese sind zum Beispiel:
- unaufschiebbaren ärztlichen Behandlungen
Übertragung der elterlichen Sorge – Verfahren
Das alleinige Sorgerecht wird eher seltener übertragen, da es nur in allerletzter Konsequenz zu einer solchen Entscheidung kommen soll.
Vorher ist zu prüfen, ob mildere Mittel und Möglichkeiten zur Sicherstellung des Kindeswohls ergriffen werden können wie zum Beispiel die Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge auf einen der Elternteile und unter Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts hinsichtlich der Übrigen Bereiche. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, jedem Elternteil das Sorgerecht so weit wie möglich zu belassen, wenn dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist.
So kann zum Beispiel der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden. In allen anderen Bereichen besteht weiterhin gemeinsames Sorgerecht. Eine Ausnahme hiervon ist der Fall, in dem der andere Teil der Übertragung zustimmt. Bei einer Sorgerechtsübertragung gegen den Willen eines Elternteils, setzt diese eine Kindeswohlprüfung voraus (BVerfG, FamRZ 2004, 354).
Es findet eine Prüfung in zwei Stufen statt:
die Aufhebung der gemeinsamen Sorge muss dem Kindeswohl am besten entsprechen und die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil muss ebenfalls dem Kindeswohl am besten entsprechen Ausnahme hier kann sein, dass ein Kind, welches über 14 Jahre ist der Übertragung der elterlichen Sorge auf nur einen Elternteil widerspricht.
Die Kindeswohlprüfung erfordert eine Abwägung folgender Kriterien:
- Bindungen des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister
- Wille des Kindes als Ausdruck seiner Selbstbestimmung
- Förderungsprinzip: Das Kind wird pädagogisch motiviert, unterstützt und gefördert.
- Bindungstoleranz:
- Erziehungsgeeignetheit: Eignung zu der Erziehungs- und Betreuungsaufgabe
- Kontinuitätsprinzip: Grundsatz der Einheitlichkeit Gleichmäßigkeit und Stabilität der Erziehung und der Betreuungssituation
Gründe um das alleinige Sorgerecht zu beantragen:
Vernachlässigung: durch ungenügende Pflege und Hygiene, mangelnde Ernährung und Kleidung oder durch mangelnde Aufsicht. Wenn sich die Eltern nicht um ihr Kind kümmern und das Kind sich selbst überlassen ist.
Alkohol- Drogenabhängigkeit: Vernachlässigung kann auch auf Grund von Alkohol- oder Drogenabhängigkeit herrühren. Ein solches Umfeld bedeutet meist eine Kindeswohlgefährdung.
Misshandlungen: körperliche und psychische Misshandlungen durch körperliche Gewalt, Schläge, Erniedrigung und Demütigungen
Kindesvermögensgefährdung: Verurtreuung oder Gefährdung desVermögens des Kindes. Hierzu zählt auch, wenn die Eltern das Geld ihres Kindes für sich ausgeben oder anderen Personen weitergeben.
Günstiger Umgang: Eltern haben die Pflicht, angeordneten Umgang mit dem Kind zu fördern und zu ermöglichen. Widersetzt sich der betreuende Elternteil vehement und beharrlich, dem umgangsberechtigten Elternteil den Umgang mit dem Kind zu ermöglichen und das Kind an diesen zu übergeben, kann dies zum Entzug des Sorgerechts führen.
Missbrauch des Sorgerechts: Wenn Kinder zu strafbaren Handlungen („Klauen schicken“) angestiftet und benutzt werden.
Gesundheitsgefährdung: Wer dem Kind eine notwendige medizinische Behandlung verweigert, handelt nicht im Sinne des Kindes.
Verschaffen Sie sich frühzeitig einen Überblick über Ihre Möglichkeiten und die gesetzliche Regelung sowie die gerichtliche Entscheidungspraxis. Gerne beraten wir Sie zum Thema Sorgerecht und prüfen, ob ein Antrag Aussicht auf Erfolg haben kann. Rufen Sie an und vereinbaren Sie einen Termin in der Kanzlei in Nürnberg. Kurzfristige Termine sowie Termine in den Abendstunden sind möglich.
Trennung und Scheidung – Kompetenzen im Überblick
- Väterrechte
Umgangsrecht für Väter - Ehevertrag
Scheidungsfolgevereinbarung - Trennung
- Scheidung
Versorgungsausgleich - Unterhalt
Kindesunterhalt
Trennungsunterhalt
nachehelicher Unterhalt - Sorgerecht
- Zugewinnausgleich
- Haushaltsauseinandersetzung
- Wohnungszuweisung
- Schutz nach Gewaltschutzgesetz
- Teilungsversteigerung